Dem PHANTOM auf der Spur – erste Flugeindrücke

Dem PHANTOM auf der Spur – erste Flugeindrücke

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JAAAAA, ich bin PHANTOM geflogen! Nachdem es bislang so wenige PHANTOMe – PHANTOMs? – gibt und einige Leute auf Facebook gesehen haben, dass ich damit schon geflogen bin, bekam ich einige Mails wie er „denn so ist“. Hier meine Eindrücke.

OK, als NOVAs PR-Mensch bin ich verpflichtet schön zu jubeln. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich nichts schön lüge. Eher bin ich still. Was ich hier schreibe, ist meine ehrliche Meinung.

Rahmendaten: Ich bin den Phantom in Größe M recht genau in der Mitte belastet in Kals zum Großglockner-Sightseeing knapp 2 h geflogen. Die Bedingungen waren mittelmäßig thermisch, mit zunehmendem Höhenwind und teils ordentlichen Talwinden. Normalerweise fliege ich einen MENTOR 4 light in Größe S oder meinen alten MENTOR 3 normal in Größe M. Ich fliege seit 30 Jahren und gehöre eher in die Kategorie der Schisser. Akro liegt mir völlig fern, ich bin Streckenflieger.

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Start: Ich hatte zwei Null-Wind-Starts und bemerkte nichts Außergewöhnliches. Der PHANTOM kam beide Male sehr gleichmäßig hoch, schoss nicht über und trug schnell. Für mich kein Unterschied zu einem ION.

Thermik / Handling / Fluggefühl: Der Leerweg an den Steuerleinen ist etwas länger als beim MENTOR, aber sobald die Bremsen einsetzen, bewirken sie unmittelbar und präzise eine Veränderung der Flugrichtung bzw. der Geschwindigkeit. Beim Kurvenfliegen vermittelten sie mir das Gefühl von frisch geschliffener Kanten bei einem Ski. Man kann den Kurvenradius und die Schräglage unglaublich schnell und genau ändern – enger, weiter, steiler, flacher. In der Thermik kann ich mich dadurch sehr schnell und genau dorthin bewegen, wo es hochgeht. Ich halte diese Eigenschaft beim MENTOR 3 und 4 schon für sehr gut ausgeprägt, beim PHANTOM geht das noch besser.

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Den PHANTOM würde ich weder als Steildreher noch Flachdreher bezeichnen. Er kann beides und beides gut.

Überhaupt liegt der Schirm unglaublich satt in der Luft. Die Kappe fühlt sich unheimlich homogen an. Dennoch ist sie keineswegs hart. Manchmal gibt es harte Kappen, die einem regelrecht in den Hintern treten, wenn sie anzeigen, was in der Luft passiert – das ist dann der Preis für die satte Luftlage. Beim PHANTOM findet das nicht statt: Trotz der Steuerpräzision und der kompakten und homogenen Kappe teilt er auf dezente, aber klar zu interpretierende Art und Weise mit, was in der Luft los ist.

Ich will das mit einem Auto vergleichen: Am einen Ende der Skala stehen extrem weich gefederte Autos wie damals die Ente (Citroen 2 CV) oder der Renault R 4. Sie fahren sich komfortabel, aber sehr schwammig. Am anderen Ende stehen Sport- und Rennwagen. Sie lassen sich extrem präzise lenken und bieten einen extrem engen Kontakt zur Straße. Aber jedes Stückchen Rollsplit drückt sich ins Gesäß des Fahrers durch. Wäre der PHANTOM ein Auto, würde er die Präzision eines Sportwagens bieten, aber trotzdem Straßenunebenheiten wegbügeln. Er fliegt sich wahnsinnig komfortabel!

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Beim Einfliegen in die Thermik erinnert er klar einen Hochleister. Während viele EN B-Schirme die kinetische Energie aus dem Geradeausflug vernichten, in dem sie sich verformen oder hinten hängen bleiben (oder beides zusammen), schneidet der PHANTOM rein wie ein warmes Messer in die Butter. Die Fahrt setzt er in Steigen um. Besonders ausgeprägt empfand ich das, wenn ich die Thermik seitwärts erwischte: Schwups, war ich drin, in der Thermik.

Sicherheit: Ich habe keine Klapper gezogen o.ä.. Ich kann nur sagen, dass ich mich subjektiv einfach sehr, sehr wohl fühlte. Der PHANTOM verlangt auch eindeutig weniger „aktives Fliegen“ als irgendein MENTOR, egal welcher Generation. Ohrwaschelwinken à la MENTOR 4 ist ihm fremd.

Leistung: Mit mir in der Luft waren zwei Freunde, Andrea mit ihrem Sigma 9 und Bernd mit seinem Mentor 4 light. Beim Kurbeln ist üblicherweise jener von uns am schnellsten oben, der es am besten erwischt. Bei díesem Flug habe ich es immer am besten erwischt. Ob das am Schirm lag oder am Glück sei dahin gestellt. Wir machten keine Flügel-an-Flügel-Gleitflüge, so dass ich schwer vergleichen kann, wie die Leistung wirklich ist. Was mir aber auffiel: bei allen Querungen von Rippe zu Rippe musste ich meine geplante Route nachkorrigieren, denn ich kam immer höher an als zunächst schätzte.

Markant: Beim voll beschleunigten Anfliegen einer Abrisskante aus dem Lee des Gegenwinds und der Thermik fiel mir auf, dass PHANTOM wesentlich ruhiger unterwegs ist als mein MENTOR 3 oder 4. Letztere schütteln sich dann etwas in der unruhigen Luft. Der PHANTOM schneidet einfach durch, ruhig und gelassen.
Die Flugruhe beschleunigt hat mich generell beeindruckt. Der MENTOR 4 steht bei Vollgas sehr stabil, ich habe keine Angst vor Klappern. Aber er ist dabei nicht ruhig. Der PHANTOM kann das viel, viel besser: Man ist einfach nur schneller und der Wind knattert in den Ohren. Ich hatte das Gefühl, als könne man den Beschleuniger noch etliche Zentimeter weiter ziehen könnte, ohne dass er Fronstall-anfälliger wird.

Landung: Hoho, beim Ausflaren merkt man die Leistung! Und dann bleibt der Schirm erst mal auf eigentümliche Weise stehen – auch ohne Gegenwind, und obwohl die Kappe ja klar mehr Masse hat als die meines MENTOR 4 light in S.

Gewichtsbereich: Die MENTORen 1 bis 4 flog ich – als Alpinflieger – immer an der Obergrenze. Sie handeln besser und marschieren besser. Den PHANTOM flog ich jetzt ziemlich genau in der Mitte. Dabei hatte ich das Gefühl, das alles prima passt. Das Handling war immer noch spritzig, die Steuerung absolut präzise. Ich hatte auch das Gefühl, das er echt gut marschiert. Und es gab nicht das Gefühl, dass er auch nur ansatzweise schlabberig wäre (wie manche Schirme, wenn sie an der Untergrenze belastet werden). Ich glaube, dass die hohe strukturelle Stabilität der 99 Zellen den Spaß- & Wohlfühl-Gewichtsbereich breiter macht. Aber um da zu verifizieren, sollte ich noch mal einen S fliegen.

Fazit: Der PHANTOM fliegt wirklich sehr, sehr schön – solide, gediegen, entspannt, aber zugleich sportlich, präzise, spritzig. Ich bin sehr nah dran, mir das Ding zu kaufen. Eigentlich kann er alles besser als mein MENTOR (außer er wiegt rund ein Kilo mehr).

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